Übergänge im Leben unserer Kinder mit Tanzen gut begleiten (18.09.2019)

Tanzen als optimale Möglichkeit Übergänge im besten Sinne zu bewältigen


In diesem Artikel möchte ich Eltern wie Tanzunterrichtende für diese Thema sensibilisieren und unterstützende Denkanstöße liefern. Tanzen kann hier stellvertretend für viele Aktivitäten gesehen werden, als Tanzlehrerin stelle ich mein Wissen exemplarisch zur Verfügung.

Übergänge besondere Veränderungen in unserem Leben

Jedes Jahr vor der Sommerpause klagen die Tanzschulen darüber, dass die Abmeldungen derer Kinder besonders hoch ist, die vor einem Übergang stehen, sprich in die Kita, in die Grundschule oder in die weiterführende Schule wechseln.

Veränderungen und neue Lebensphasen prägen unser gesamtes Leben, unsere Kinder wachsen und durchlaufen verschiedene Entwicklungen und Eltern wollen sie dabei bestmöglich unterstützen und begleiten.

Dabei wollen sie im Grund als erstes, dass es ihren Kindern dabei gut geht, wenn die Veränderung anstehen, und dass die Kids nicht überfordert sind. Daher denken viele Eltern im Umkehrschluss, dass sie alles bisherige, was ihren Alltag ausgemacht hat, bei Seite schieben und pausieren lassen sollte. Eltern begründen mir gegenüber dies damit, dass das Kind nach und nach wieder alles integrieren kann oder sich eben nur noch auf die Kita oder Schule konzentrieren sollen.

Kinder werden öfter unterschätzt als man denkt

Der Gedanke ist verständlich, lasst uns dennoch etwas genauer hinschauen um in die Welt der Kinder einzutauchen:

Wenn ein Kind etwas wie das Tanzen liebt und es ihm für die Schule oder die Kita genommen wird, dann spricht das

  1. Aus der Sicht des Kindes nicht unbedingt für die Einrichtung und nimmt
  2. Einen Teil seines bisherigen Lebens, was ihn ausgemacht hat und ihm Sicherheit gab.

Für viele Kinder ist die Tanzschule als besonderer Ort so viel mehr als wir Erwachsenen dem beimessen, denn hier ist alles so viel anders als sonst:
Zeit mit Mama/Papa bzw. mit anderen Kindern, jemand der seine Aufmerksamkeit zu 200% auf die Gruppe richtet, einen freien Raum ohne Einrichtung (und ggf. einer Spiegelwand und angeschlossenen Bar, Umkleiden ect.); und vor allem ein Begegnungs- und Vernetzungsraum, in dem es das miteinander Tanzen als gelebte Selbstverständlichkeit erlebt wird.
An welchem Ort gibt es all das noch?

Ein Übergang zu meistern bedeutet auch andere Übergänge meistern zu können, denn wir begleiten im Leben unsere/r Kindes/r mehrere davon.
Dies gelingt uns dadurch am besten, in dem wir ihre Resilienz stärken und nicht so tun, als ob es die andere Dinge, die bislang im Leben des Kindes wichtig waren, nicht mehr gibt.

Erst neulich akzentuierten die erfahrenen Erzieherinnen beim Elternabend der Kita meines Jungen mit resoluten Selbstbewusstsein: „Und bitte: verändert während der Eingewöhnung keine weitere Sache. Macht all das weiter so wie bisher, d.h. keine zwei Sachen auf einmal verändern z.B. auch noch den Schnuller oder die Brust abgewöhnen, das Kind trockenfrei bekommen, ein Hobby weglassen.“

Wo sonst im Leben sollen Kinder entwickeln, was bedeutet eine Veränderung zu meistern, wenn nicht von uns und wie wir mit Veränderungen umgehen?

Was das Tanzen angeht: es kommt an dieser Stelle wirklich darauf an, wie lange das Kind zum Zeitpunkt des Übergangs in der Tanzschule tanzte und wie gerne es hingeht. Meiner Erfahrung nach sind Kinder nach 3-4 Monaten an die Tanzschule gewöhnt und gehen gerne hin. Ab dann ist es ein Teil ihres Alltages.

Tanzen hilft

Wenn ein Kind sich im Tanzen ausdrücken kann, wenn es in der Tanzschule einen außerschulischen Ort der uneingeschränkten Akzeptanz, ohne die Bewertung von Noten und den Respekt der anderen hat, dann bildet der Tanzunterricht einen Ort der Sicherheit außerhalb der sonstigen gesellschaftlichen Anforderungen und Normen, denen wir und unsere Kinder tagtäglich ausgesetzt sind, ob wir das wollen oder nicht.

Wertungsfrei sich bewegen zu können, so zu sein, mit all seiner Körperlichkeit, Befindlichkeit und seinen Gefühlen, das fehlt unseren Kindern viel zu sehr, daher kommt der Tanzschule/ dem Tanzstudio/ dem Tanzverein eine besondere Rolle in der Entwicklung eines Kindes zu. Etwas zu leisten, was Spaß macht und Freude bringt, das nimmt doch im Laufe der Schulzeit leider ab und kann im Tanzunterricht ausgelebt werden.

Eine kurze Anmerkung zur OGS, die als neuer Ort natürlich auch neue Angebote anbietet, die teilweise sogar genutzt werden müssen. Hier verstehe ich die Bedenken der Eltern, dass mit zwei gefüllten Angeboten ein drittes mit Tanzen zu viel wird. Auch hier kann man das Kind selbst entscheiden lassen, denn es braucht auch seine Kontakte außerhalb der Schule.


>>> 5 TIPPS FÜR ELTERN <<<

Um den Übergang für Sie und Ihr Kind so optimal wie möglich zu gestalten, können Sie einiges dafür tun:

1# Sprechen Sie rechtzeitig mit ihrer/m Tanzlehrer/in über den anstehenden Übergang und ihren Gedanken dazu. Gemeinsam werden Sie sich gut um die Befindlichkeiten des Kindes kümmern können.
„Mein Kind hat demnächst einen Übergang, es kann sein, dass es in der Zeit anders ist und mehr Aufmerksamkeit benötigt als gewöhnlich.“

2# Sprechen Sie mit Ihrem Kind: Teilen sie ihre Gedanken ihrem Kind mit, finden Sie heraus, welche Bedeutung das Tanzen für Ihr Kind hat.
Es geht dabei immer auch um darum, wie man eigene Übergänge erlebt hat und ggf. Konsequenzen fürs eigene Kind gezogen hat. Lassen Sie sich durch die neue Einrichtung nicht verunsichern und im vorauseilenden Gehorsam das eigene Leben komplett umstülpen.

3# Überlegen Sie, in wie weit der Übergang eher für Sie belastend ist als für Ihr Kind: sie sollten so ehrlich sein, das ihrem Kind mitzuteilen, Kinder verstehen das besser als Sie denken.
Wenn ihr Kind noch nicht reden kann, so spricht es doch mit seinem Körper. Nehmen Sie bewusst war, wie gut es ihm beim Tanzen gefällt und wie ausgelassen es hier sein kann. Wie reagiert es, wenn Sie ihm/ihr erzählen, dass heute wieder Tanztag ist.

4# Geben Sie Ihrem Kind etwas Zeit: Wenn ihr Kind schon länger als 3 Monate tanzt, warten Sie erst ab, wie das Kind mit dem Übergang und der Tanzschule zurechtkommt, reagieren sie erst, wenn das Kind sichtlich überfordert ist als ihm seine Entscheidung abzunehmen.
Für über 50% der Kinder aus unserer Tanzschule ist das Tanzen keine Belastung, sondern Freude. Erwachsene dürfen ihren Kindern zugestehen, dass sie mit steigendem Alter bestimmte Fähigkeiten entwickelt haben und durchaus in der Lage sind neben der Kita und der Schule weiter ihren Hobbies nachzugehen.

5# Kitas und Schulen können neue Kostenpunkte in Ihrem Haushaltsplan darstellen – kalkulieren Sie rechtzeitig durch, ob Sie ihr Kind wenige Monate vor dem Übergang überhaupt anmelden sollten, wenn es finanziell nicht mehr möglich ist.
Wenn Ihr Kind erst einmal Gefallen am Kurs hat, ist es sehr traurig dies so schnell wieder aufgeben zu müssen.  Es kann meiner Erfahrung (Gespräche mit Eltern) sogar an diesem Punkt so sein, dass sie, ohne in Anwesenheit des Kindes darüber gesprochen zu haben, Ihr Kind die finanzielle Not spürt und von alleine keine Lust mehr am Tanzen verspürt. Damit möchte es Ihnen das Kündigen des Kurses erleichtern. In diesem Fall verbindet das Kind nun, dass seine Lust Ihre Last ist und wird sehr wahrscheinlich von alleine nicht mehr den Wunsch äußern zum Tanzen gehen zu wollen.

 

>>> 3 TIPPS FÜR TANZPÄDAGOGEN & TANZLEHRER/INNEN <<<

Sofern du einer Abmeldewelle vor den Sommerferien entgegenwirken möchtest, gibt es einige Möglichkeiten dem mit Achtsamkeit entgegenzuwirken.

1# Spreche mit den Eltern rechtzeitig über den nächsten Übergang, sobald dieser spruchreif wird.
Sobald deine Kinder von der einen zur nächsten Altersgruppe wechseln, achte darauf zeitnah, sozusagen prophylaktisch mit den Eltern über das Thema Übergang zu sprechen und ihre Gedanken zu erfassen. Höre ihnen zu und nimm dich ihren Bedenken aufmerksam an. Die Beziehung zu den Eltern ist wichtig!

2# Achte bei einer Neuanmeldung im entsprechenden Alter darauf,  zu erfassen, ob ein Übergang ansteht.
Für das Kind ist es besser z.B. kurz vor der Einschulung sich nicht einem neuen Hobby zu widmen, vor allem dann nicht, wenn die Eltern das Tanzen nur noch kurz ausprobieren wollen und nach dem Sommer nicht weitertanzen möchten.

3# Thematisiere im Unterricht den Übergang durch Musik oder gar kleine Tänze, damit du deine Kinder in diesem Thema auch inhaltlich unterstützen und begleiten kannst.  So können Kinder Ängste abbauen, entspannen sich, fassen Vertrauen und sind stolz über den neuen Abschnitt. „Jetzt bist du groß, ein Kindergartenkind, wie schön ist das denn.“

 

-> Mehr zu unseren Kindertanzkursen findest du HIER


Mehr zum Thema Resilienz findest du in diesem Artikel
Weitere gesundheitliche Aspekte findest du im Buch "Tanzen ist die beste Medizin"
Im "Einfach Tanzen"-Podcast findest du das entsprechende Interview mit Julia F. Christensen (Folge 27)

Jasmin

AutorinBotschafterin des Tanzens

Über die Blog-Autorin: Heidemarie ist passionierte Tanzlehrerin und zertifizierte I-TP-Tanzpädagogin und arbeitet als solche den ganzen Tag mit großen und kleinen und großen mit kleinen Menschen zusammen, um ihnen die bestmöglichsten Voraussetzungen zu schaffen, um ins Tanzen zu kommen und dadurch zu Leuchten. Neben ihrem abgeschlossenen Studium als Gymnasial-Lehrerin, ihrer Arbeit im Kindergarten als Erzieherin, ihrer Lehrtätigkeit im Gymnasium und an Berufsschulen für soziale Berufe, durfte sie nicht nur wissenschaftlich sondern auch praktisch viele Erfahrungen sammeln, die sie heute in ihre Arbeit als Tanzpädagogin einfließen lässt und zu Fachartikeln für Kollegen verfasst.
Mehr über sie erfährst du HIER

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